„Meisterhafte Interpretation“
Thurgauer Zeitung, von Werner Raths
Die Pianisten Anthony und Joseph Paratore auf dem Wolfsberg
Das Jahrhundertwerk ist Béla Bartóks „Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug“, die Interpreten waren die beiden Pianisten Anthony und Joseph Paratore, am Schlagzeug sassen – und standen! – Babette Haag und Franz Bach, und die Aufführung fand auf dem Wolfsberg am Dienstagabend statt, als eines der letzten Konzerte des diesjährigen internationalen Bodensee-Festivals.
Das Thema der grenzüberschreitenden Kulturveranstaltung befasste sich mit dem Beitrag Ungarns an die europäische Kultur. Das Programm, das die beiden aus Amerika stammenden Pianisten darboten, enthielt neben der grossartigen Bartók-Sonate Werke von Schubert und Brahms, die einen Bezug zu Ungarn haben.
Sie begannen mit dem „Divertissement à la hongroise, op.[nbsp]54“ (Deutsch-Verzeichnis[nbsp]818), das Franz Schubert 1824 bei einem Aufenthalt in Zseliz schuf; er schrieb es als Hauslehrer für die beiden Töchter seines fürstlichen Arbeitgebers Esterhazy. Die beiden waren offenbar technisch und musikalisch sehr begabt; denn es stellt grosse Anforderungen. Sein Bezug zu Ungarn: ein Volkslied, das Schubert von einer ungarischen Küchenmagd hörte, ging als Thema in dieses vierhändige Werk ein. Es gehört zum besten, was Schubert für Klavier geschrieben hat, ungemein dicht in der Stimmung, in seinen einzigartigen Wechseln zwischen hellem Dur und melancholischem Moll, mit seinen rhythmischen Spannungen und Temporückungen: da blüht schon die blaue Blume der Romantik auf!
Die Brüder Anthony und Joseph Paratore, beide technisch absolut perfekt, spielten es musikalisch aus einem Guss, Joseph gab vor allem die rhythmischen Impulse, Anthony gab den herrlichen Melodien Schuberts Fluss und schöne Rundung. Ein Auftakt, der schon ahnen liess, dass ein grosser Konzertabend bevorstand!
„Ungarische Tänze“
Populärer, aber durchaus nicht leichtgewichtiger nachher die „Ungarischen Tänze I[nbsp]bis[nbsp]6“ von Johannes Brahms, endlich wieder einmal in der Originalfassung für Klavier zu vier Händen. Man sagt dem grossen Sinfoniker nach, er habe unter die ersten Takte eines Walzers von Strauss geschrieben, „leider nicht von Brahms“. Wie er aber in diesen Tänzen die schwerblütigere Volksmusik Ungarns zum Singen und Klingen bringt, wie er ihre kraftvollen Rhythmen vor allem die Rubati auskostet, Zartes und Kraftvolles zur Einheit fügt – das ist heute noch gleich frisch wie vor 125[nbsp]Jahren.
Es verwundert nicht, dass man versuchte, diese Tänze für grosse Orchesterbesetzung aufzumöbeln – sogar Brahms selber instrumentierte drei Tänze. Der vierhändigen Klavierfassung ist jedoch der Vorzug zu geben – das bewies die Wiedergabe durch Anthony und Joseph Paratore. Und zwischen den grossen Schlagern, den Nummer[nbsp]1 und[nbsp]6, war der dritte ein Genuss sondergleichen.
Nach der Pause dann eines der besten Werke von Bartók und eines der bedeutendsten, das im 20.[nbsp]Jahrhundert geschaffen wurde, die eingangs erwähnte „Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug“. Zu den beiden Pianisten gesellten sich Babette Haag und Franz Bach, junge Künstler aus Deutschland, beide absolute Top-Könner, technisch perfekt und von überzeugender Musikalität. (Nebenbei sei festgehalten: Babette Haag wird am 11. November im Casino Frauenfeld als Gast der Konzertgemeinde auftreten!)
Weil sich dieses Duo mit den Brüdern Paratore (nun an zwei Bösendorfer-Flügeln) bestens verstand, erlebte man das, was in Bartóks Werk so einzigartig ist, die vollkommene Verschmelzung von Klavierstimmen mit allen Klangnuancen eines vollständig besetzten Schlagzeugs. Kein gross besetztes Sinfonieorchester kann so einzigartige und packende Klangwirkungen erzielen, weil Bartók für die vier Musiker eine Musik schrieb, die rhythmisch ganz einfach hinreissend ist, mit Themen, die sofort eingehen und harmonisch überzeugend verarbeitet sind.
Die vier Künstler auf dem Podium strahlten eine so geballte Ladung musikalischer Energie und Überzeugungskraft aus, dass das Publikum hell begeistert war und mit minutenlangem tosendem Applaus dankte. So blieben auch die Zugaben nicht aus, allerdings nicht ungarisch, sondern spanisch inspiriert (Ravel) und ganz und gar französisch (Saint-Saëns).
Dieses Konzert wird kein Besucher so schnell vergessen!
„Meisterhafte Interpretation“
Thurgauer Zeitung, von Werner Raths
Die Pianisten Anthony und Joseph Paratore auf dem Wolfsberg
Das Jahrhundertwerk ist Béla Bartóks „Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug“, die Interpreten waren die beiden Pianisten Anthony und Joseph Paratore, am Schlagzeug sassen – und standen! – Babette Haag und Franz Bach, und die Aufführung fand auf dem Wolfsberg am Dienstagabend statt, als eines der letzten Konzerte des diesjährigen internationalen Bodensee-Festivals.
Das Thema der grenzüberschreitenden Kulturveranstaltung befasste sich mit dem Beitrag Ungarns an die europäische Kultur. Das Programm, das die beiden aus Amerika stammenden Pianisten darboten, enthielt neben der grossartigen Bartók-Sonate Werke von Schubert und Brahms, die einen Bezug zu Ungarn haben.
Sie begannen mit dem „Divertissement à la hongroise, op.[nbsp]54“ (Deutsch-Verzeichnis[nbsp]818), das Franz Schubert 1824 bei einem Aufenthalt in Zseliz schuf; er schrieb es als Hauslehrer für die beiden Töchter seines fürstlichen Arbeitgebers Esterhazy. Die beiden waren offenbar technisch und musikalisch sehr begabt; denn es stellt grosse Anforderungen. Sein Bezug zu Ungarn: ein Volkslied, das Schubert von einer ungarischen Küchenmagd hörte, ging als Thema in dieses vierhändige Werk ein. Es gehört zum besten, was Schubert für Klavier geschrieben hat, ungemein dicht in der Stimmung, in seinen einzigartigen Wechseln zwischen hellem Dur und melancholischem Moll, mit seinen rhythmischen Spannungen und Temporückungen: da blüht schon die blaue Blume der Romantik auf!
Die Brüder Anthony und Joseph Paratore, beide technisch absolut perfekt, spielten es musikalisch aus einem Guss, Joseph gab vor allem die rhythmischen Impulse, Anthony gab den herrlichen Melodien Schuberts Fluss und schöne Rundung. Ein Auftakt, der schon ahnen liess, dass ein grosser Konzertabend bevorstand!
„Ungarische Tänze“
Populärer, aber durchaus nicht leichtgewichtiger nachher die „Ungarischen Tänze I[nbsp]bis[nbsp]6“ von Johannes Brahms, endlich wieder einmal in der Originalfassung für Klavier zu vier Händen. Man sagt dem grossen Sinfoniker nach, er habe unter die ersten Takte eines Walzers von Strauss geschrieben, „leider nicht von Brahms“. Wie er aber in diesen Tänzen die schwerblütigere Volksmusik Ungarns zum Singen und Klingen bringt, wie er ihre kraftvollen Rhythmen vor allem die Rubati auskostet, Zartes und Kraftvolles zur Einheit fügt – das ist heute noch gleich frisch wie vor 125[nbsp]Jahren.
Es verwundert nicht, dass man versuchte, diese Tänze für grosse Orchesterbesetzung aufzumöbeln – sogar Brahms selber instrumentierte drei Tänze. Der vierhändigen Klavierfassung ist jedoch der Vorzug zu geben – das bewies die Wiedergabe durch Anthony und Joseph Paratore. Und zwischen den grossen Schlagern, den Nummer[nbsp]1 und[nbsp]6, war der dritte ein Genuss sondergleichen.
Nach der Pause dann eines der besten Werke von Bartók und eines der bedeutendsten, das im 20.[nbsp]Jahrhundert geschaffen wurde, die eingangs erwähnte „Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug“. Zu den beiden Pianisten gesellten sich Babette Haag und Franz Bach, junge Künstler aus Deutschland, beide absolute Top-Könner, technisch perfekt und von überzeugender Musikalität. (Nebenbei sei festgehalten: Babette Haag wird am 11. November im Casino Frauenfeld als Gast der Konzertgemeinde auftreten!)
Weil sich dieses Duo mit den Brüdern Paratore (nun an zwei Bösendorfer-Flügeln) bestens verstand, erlebte man das, was in Bartóks Werk so einzigartig ist, die vollkommene Verschmelzung von Klavierstimmen mit allen Klangnuancen eines vollständig besetzten Schlagzeugs. Kein gross besetztes Sinfonieorchester kann so einzigartige und packende Klangwirkungen erzielen, weil Bartók für die vier Musiker eine Musik schrieb, die rhythmisch ganz einfach hinreissend ist, mit Themen, die sofort eingehen und harmonisch überzeugend verarbeitet sind.
Die vier Künstler auf dem Podium strahlten eine so geballte Ladung musikalischer Energie und Überzeugungskraft aus, dass das Publikum hell begeistert war und mit minutenlangem tosendem Applaus dankte. So blieben auch die Zugaben nicht aus, allerdings nicht ungarisch, sondern spanisch inspiriert (Ravel) und ganz und gar französisch (Saint-Saëns).
Dieses Konzert wird kein Besucher so schnell vergessen!