„Genuß für puristische Ohren“

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30.08.1997, von Gerrit Priessnitz

Konzert der Münchener Schlagzeugerin Babette Haag in der Frankfurter Nikolauskapelle

Schon zu Beginn des Konzerts in der Nikolauskapelle im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim tendierte der Sauerstoffgehalt der Luft gegen Null. Wer sich als Zuschauer in der förmlich erdrückenden Schwüle unwohl fühlte, konnte sich über die ungehemmte Energie und fesselnde Präzision der Schlagzeugerin Babette Haag nur noch mehr wundern.

An der Musikerin schien jede klimatische Widrigkeit abzuperlen, mit ebenso charmanten wie einleuchtenden Erklärungen und bezwingenden Interpretationen eröffnete sie eine für viele Zuschauer wahrscheinlich neue, ganz eigene Musiksphäre. Die dritte Suite für Violoncello solo in C-Dur von Johann Sebastian Bach ist fast ohne Eingriffe in den Notentext auch auf dem Marimaphon spielbar. Selbst für puristische Ohren war diese Übertragung ein Gewinn, denn der Klang nähert sich einem Transparenzideal, das, einschmeichelnd und zart, von Babette Haag besonders im absoluten Pianissimo ausgekostet wurde. Die getragene Sarabande hätte indes wirklich mehr Nachhallzeit vertragen, asl dies auf dem Marimbaphon realisierbar ist.

Mit einem größeren Set-up hantierte die Münchner Künstlerin danach in James Woods „Shrine of the stored incense“: Xylophon, Wood-blocks, Log-drum, Große Trommel, Almglocken und Wood-chimes. Doch damit nicht genug. Der Komponist fordert von dem ausführenden Perkussionisten auch Zischlaute und ausgestoßene Vokale, so daß eigentlich ein weiteres Rhythmusinstrument hinzukommt. So viel Experimentierfreude wurde tänzerisch-eingängi durch die „Two Mexican Dances“ von Gordon Stout ergänzt.

In Toshimitsu Tanakas „Two Movements“ für Marimba führte Babette Haag exemplarisch die Bedeutung der richtigen Schlägelwahl für die perkussionistischen Klangfarben vor, denn der zweite Satz endet nach einem sanft singenden Anfang mit fast metallischer Härte. Wie von allein stellte sich mit dem leichten Tremolo des Vibraphons die gefühlvolle Atmosphäre ein, die sich Mark Glentworth in seinem „Blues for Gilbert“ gewünscht haben mag, das unaffektierte Stück ist eine Hommage an seinen verstorbenen Lehrer.

Furioser Abschluß des begeistert aufgenommenen Abends bildeten „Rebonds pour Percussion solo“ von Iannis Xenakis. Überaus treffend zitiert das Programmheft Jacques Lonchampt, der das Trommelfeuerwerk ein „immenses abstraktes Ritual“ genannt hat.

Der Beifall in der Nikolauskapelle erreichte nach dieser kaum mehr nachvollziehbar virtuosen Leistung beinahe die von Xenakis eingeforderten Kraft- und Dezibelreserven.

„Genuß für puristische Ohren“

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30.08.1997, von Gerrit Priessnitz

Konzert der Münchener Schlagzeugerin Babette Haag in der Frankfurter Nikolauskapelle

Schon zu Beginn des Konzerts in der Nikolauskapelle im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim tendierte der Sauerstoffgehalt der Luft gegen Null. Wer sich als Zuschauer in der förmlich erdrückenden Schwüle unwohl fühlte, konnte sich über die ungehemmte Energie und fesselnde Präzision der Schlagzeugerin Babette Haag nur noch mehr wundern.

An der Musikerin schien jede klimatische Widrigkeit abzuperlen, mit ebenso charmanten wie einleuchtenden Erklärungen und bezwingenden Interpretationen eröffnete sie eine für viele Zuschauer wahrscheinlich neue, ganz eigene Musiksphäre. Die dritte Suite für Violoncello solo in C-Dur von Johann Sebastian Bach ist fast ohne Eingriffe in den Notentext auch auf dem Marimaphon spielbar. Selbst für puristische Ohren war diese Übertragung ein Gewinn, denn der Klang nähert sich einem Transparenzideal, das, einschmeichelnd und zart, von Babette Haag besonders im absoluten Pianissimo ausgekostet wurde. Die getragene Sarabande hätte indes wirklich mehr Nachhallzeit vertragen, asl dies auf dem Marimbaphon realisierbar ist.

Mit einem größeren Set-up hantierte die Münchner Künstlerin danach in James Woods „Shrine of the stored incense“: Xylophon, Wood-blocks, Log-drum, Große Trommel, Almglocken und Wood-chimes. Doch damit nicht genug. Der Komponist fordert von dem ausführenden Perkussionisten auch Zischlaute und ausgestoßene Vokale, so daß eigentlich ein weiteres Rhythmusinstrument hinzukommt. So viel Experimentierfreude wurde tänzerisch-eingängi durch die „Two Mexican Dances“ von Gordon Stout ergänzt.

In Toshimitsu Tanakas „Two Movements“ für Marimba führte Babette Haag exemplarisch die Bedeutung der richtigen Schlägelwahl für die perkussionistischen Klangfarben vor, denn der zweite Satz endet nach einem sanft singenden Anfang mit fast metallischer Härte. Wie von allein stellte sich mit dem leichten Tremolo des Vibraphons die gefühlvolle Atmosphäre ein, die sich Mark Glentworth in seinem „Blues for Gilbert“ gewünscht haben mag, das unaffektierte Stück ist eine Hommage an seinen verstorbenen Lehrer.

Furioser Abschluß des begeistert aufgenommenen Abends bildeten „Rebonds pour Percussion solo“ von Iannis Xenakis. Überaus treffend zitiert das Programmheft Jacques Lonchampt, der das Trommelfeuerwerk ein „immenses abstraktes Ritual“ genannt hat.

Der Beifall in der Nikolauskapelle erreichte nach dieser kaum mehr nachvollziehbar virtuosen Leistung beinahe die von Xenakis eingeforderten Kraft- und Dezibelreserven.