„Auf Trab gebracht“

Mittelbayerische Zeitung vom 28.05.1998, von Peter Brielmaier

Der Chor des BR zeigt unvermutete Qualitäten

Vor einer Woche hatte der Chor des Bayerischen Rundfunks bei seinem Auftritt im Dom ziemlich vernichtende Kritiken geerntet. Beim Regensburger Frühling war er in dieser Woche mit einem Programm angekündigt, das zu einigen Befürchtungen Anlaß gab: populäre moderne Musik, dazu Gospels, die so gar nicht zum Charakter des Profi-Chores zu passen schienen.

Der erste Teil des Konzerts bestätigte die Vorbehalte nicht, der Chor lieferte eine grundsolide Leistung ab, es fehlte aber der musikalische Funke. Die Chichester Psalms von Leonard Bernstein kennt man schwungvoller, und die elektronische Orgel war eine Enttäuschung. Nachdem in den letzten jahren in Regensburg mehrere große Orgeln gebaut wurden, hätte das Konzert in einem Raum mit einem adäquaten Instrument stattfinden können.

Überraschend war, wie schlicht der BR-Chor beispielsweise im dritten Teil der Psalmen sang. Das Alleluia-Gospel von Randal Thompson klang am Anfang fast wie eine Renaissance-Motette, streng und klar interpretiert. Gustv Sjökvist hatte das ganze Geschehen fest im Griff, dirigierte selbst die Schlagzeug-Solos. Die Interpretation war in ihrer Strenge für diese Musik einerseits unpassend und zugleich faszienierend in ihrer Unerbittlichkeit wie beim African Sanctus.

Und dann passierte in diesem Konzert, in dem bisher alles vorhersehbar war, das Unerwartete. Babette Haag gab dem Abend mit ihrem Schlagzeugsolo, das wohl hauptsächlich als Erholungspause für den Chor eingeplant war, eine ganz neue Richtung. Im Gegensatz zum Chor lebte sie das, was sie virtuos spielte, auch mit. Grandios, was sie bei den Rebonds von Iannis Xenakis aus den woodblocks an Melodie herausholte. Ihr Musizieren war zum Teil ekstatisch, zum Teil waren ihre Bewegungen abgezirkelt wie bei einem fernöstlichen Kampfritual, beherrscht und magisch zugleich.

Nach dieser Zwischenmusik, dem musikalischen Höhepunkt des Abends, wirkte der BR-Chor wie ausgewechselt: Die Profisänger schienen ihr Körpergefühl entdeckt zu haben. Oder prosaischer gesagt: Plötzlich konnte der Chor auch mit dem Hintern wackeln, und die Musik klang plötzlich viel authentischer. Bei den folgenden Stücken drehte der Chor zum Teil mächtig auf, wurde aber nie aufdringlich. Hier konnte der Chor seinen großen Stimmen Auslauf geben, und es paßte. Zugleich gelangen herrlich zarte Stellen wie die Tenorstimme im Abschlußakkord von „Steel away“ (John Clements). Im Schlußstück ließ sich der Chor für seine Verhältnisse geradezu gehen, und das Regensburger Publikum jubelte begeistert.

„Auf Trab gebracht“

Mittelbayerische Zeitung vom 28.05.1998, von Peter Brielmaier

Der Chor des BR zeigt unvermutete Qualitäten

Vor einer Woche hatte der Chor des Bayerischen Rundfunks bei seinem Auftritt im Dom ziemlich vernichtende Kritiken geerntet. Beim Regensburger Frühling war er in dieser Woche mit einem Programm angekündigt, das zu einigen Befürchtungen Anlaß gab: populäre moderne Musik, dazu Gospels, die so gar nicht zum Charakter des Profi-Chores zu passen schienen.

Der erste Teil des Konzerts bestätigte die Vorbehalte nicht, der Chor lieferte eine grundsolide Leistung ab, es fehlte aber der musikalische Funke. Die Chichester Psalms von Leonard Bernstein kennt man schwungvoller, und die elektronische Orgel war eine Enttäuschung. Nachdem in den letzten jahren in Regensburg mehrere große Orgeln gebaut wurden, hätte das Konzert in einem Raum mit einem adäquaten Instrument stattfinden können.

Überraschend war, wie schlicht der BR-Chor beispielsweise im dritten Teil der Psalmen sang. Das Alleluia-Gospel von Randal Thompson klang am Anfang fast wie eine Renaissance-Motette, streng und klar interpretiert. Gustv Sjökvist hatte das ganze Geschehen fest im Griff, dirigierte selbst die Schlagzeug-Solos. Die Interpretation war in ihrer Strenge für diese Musik einerseits unpassend und zugleich faszienierend in ihrer Unerbittlichkeit wie beim African Sanctus.

Und dann passierte in diesem Konzert, in dem bisher alles vorhersehbar war, das Unerwartete. Babette Haag gab dem Abend mit ihrem Schlagzeugsolo, das wohl hauptsächlich als Erholungspause für den Chor eingeplant war, eine ganz neue Richtung. Im Gegensatz zum Chor lebte sie das, was sie virtuos spielte, auch mit. Grandios, was sie bei den Rebonds von Iannis Xenakis aus den woodblocks an Melodie herausholte. Ihr Musizieren war zum Teil ekstatisch, zum Teil waren ihre Bewegungen abgezirkelt wie bei einem fernöstlichen Kampfritual, beherrscht und magisch zugleich.

Nach dieser Zwischenmusik, dem musikalischen Höhepunkt des Abends, wirkte der BR-Chor wie ausgewechselt: Die Profisänger schienen ihr Körpergefühl entdeckt zu haben. Oder prosaischer gesagt: Plötzlich konnte der Chor auch mit dem Hintern wackeln, und die Musik klang plötzlich viel authentischer. Bei den folgenden Stücken drehte der Chor zum Teil mächtig auf, wurde aber nie aufdringlich. Hier konnte der Chor seinen großen Stimmen Auslauf geben, und es paßte. Zugleich gelangen herrlich zarte Stellen wie die Tenorstimme im Abschlußakkord von „Steel away“ (John Clements). Im Schlußstück ließ sich der Chor für seine Verhältnisse geradezu gehen, und das Regensburger Publikum jubelte begeistert.